Si habent ir herrn so lip, das si offt umb si sterbent… Der Hund gilt als ältestes Haustier des Menschen. Schon aus der Steinzeit ist überliefert, dass er als Jäger und Wächter eingesetzt wurde. In den frühen Hochkulturen in Mesopotamien und Ägypten wurde er als Gott oder Gottbegleiter hoch verehrt. Die früheste Erwähnung des Hundes in der Literatur finden wir in Homers Odyssee, in der der Hund Argos seinen Herrn Odysseus als erster erkennt. Im antiken Griechenland wurden Hunde überwiegend für die Jagd und den Krieg eingesetzt. Daneben gibt es aber auch Hinweise, dass Hunde als ‚semiintelligente‘ Haustiere wahrgenommen wurden. Auf mehreren Grabstelen für Hausherren werden z.B. der Haussklave und der Hund des Herrn auf einer Ebene zusammen abgebildet. Aristoteles beschrieb das Paarungsverhalten der Hunde näher und definierte die drei Hundekrankheiten Tollwut, Staupe und Fußgicht. Aus der römischen Kaiserzeit kennen wir Grabinschriften, die zeigen, dass tote Hunde von ihren Besitzern beerdigt und vermisst wurden.

„… das die hunt gelernigiu tier sein czu allen dingen und ze allen spilen“
Das gesamte naturkundliche Wissen seiner Zeit fasst Konrad von Megenberg in seinem Buch der Natur, einer freien Übersetzung des Liber de natura rerum von Thomas von Cantimpré, zusammen. Bereits zu Beginn seines Artikels hebt Konrad von Megenberg den Hund aus der übrigen Menge der Tiere heraus: Unter allen unvernünftigen Tieren kenne nur der Hund seinen Namen und habe seinen Herren so lieb, dass er sogar für ihn in den Tod gehe. Die Funktion des Wachhundes wird ebenfalls prominent erwähnt: Hunde vertrieben Diebe mit großem Hass aus ihren Häusern. Die Hingabe an die Menschen thematisiert der Megenberger an mehreren Stellen: So gibt er die Behauptung wieder, dass Hunde nicht lange fern von den Menschen sein könnten, und erklärt, dass Hunde zornig über einen Artgenossen herfallen würden, wenn dieser unter Schlägen heule.

Ausführlich setzt sich Konrad von Megenberg mit dem Geschlechtstrieb der Hunde auseinander: Sie seien bei der Paarung von übermäßiger Lust getrieben und blieben deshalb ineinander hängen. Die Welpen kämen blind zu Welt und würden erst ab dem zwölften Tag, andere überhaupt erst nach drei Monaten sehend. Der beste Welpe sei jener, der zuletzt sehend werde oder der von der Hündin als erster weggetragen werde.
„des hundes czungen hailt sein aigen wunden […] und darumb ist sein czung ein erczney.“
Einen großen Teil seiner Darstellung widmet Konrad von Megenberg Fragen von Gesundheit und Krankheit und dabei prominent der Tollwut. Er berichtet von einer sonderbaren Sache:
es geschicht oft, das ein man gepizen wirt von einem töbigem hunde und das er die chlainen hüntel denne lekt und pult auch als ein hund.
Es passiert oft, dass jemand von einem tollwütigen Hund gebissen wird und dass er dann die kleinen Welpen abschleckt und auch wie ein Hund bellt.
Dies könne man heilen, indem man die Bisswunde ein Jahr offenlasse, die Narbe nicht bedecke und keine Haut darüber wachsen lasse. Spannend erscheinen die Tollwutproben, die helfen sollen, um feststellen zu können, ob eine Bisswunde von einem tollwütigen Hund stammt oder nicht: Man solle ein Pflaster aus Ei und gebackener Nuss herstellen, es für einen Tag und eine Nacht auf die Bisswunde binden und danach das Pflaster einem hungrigen Hahn oder einer Henne vorlegen. Wenn diese das Pflaster fressen, dürfte der Biss nicht von einem tollwütigen Hund stammen. Konrad gibt aber auch zu bedenken, dass es passieren könne, dass das Geflügel das Pflaster zu sich nimmt und einen Tag und eine Nacht darauf versterbe. Daher gibt er noch eine weitere Probe an: Man könne ein Brot in das Blut der Bisswunde tunken und dieses Brotstück einem gesunden Hund anbieten: Wenn er es frisst, stammt der Biss nicht von einem tollwütigen Hund.
Im Admonter Bartholomäus, einem Medizinbuch aus dem 15. Jahrhundert, finden wir zwei Mittel gegen die Tollwut: Zum einen solle man Betonien zerstoßen und mit dem Saft über die Bisswunde legen. Zum anderen wird empfohlen, Geierfleisch zu dörren, aufzubewahren und nach dem Biss eines tollwütigen Hundes zu sich zu nehmen.
In den Bereich der Gesundheit fällt auch die Wirkung der Hundezunge. Diese wird von Konrad von Megenberg als Arznei bezeichnet, weil der Hund mit ihr sowohl fremde als auch eigene Wunden kurieren könne. Heilkraft schreibt er auch dem Hundeblut zu, das man kranken Tieren zu trinken geben solle, damit sie genesen.
In Hugos von Trimberg Lehrgedicht Der Renner wird diese Funktion des Hundeblutes ebenfalls erwähnt, wobei Hugo es allegorisch mit dem Blut Christi verbindet: Denn wenn ein Mensch vor Sünden krank sei, so solle er mit Reue an das von Christus vergossene Blut denken, das alle Beschwerden heile, genauso wie Hundeblut alle Krankheiten zu heilen vermöge.
Hundeblut wird auch in Meister Albrants Rossarzneibuch eingesetzt, um die Bauchstrenge, eine Pferdekrankheit, zu lindern. Es soll dabei mit Hanföl vermischt und auf die Brust des Pferdes geschmiert werden. Gegen eitrige Pferdehufen setzt Meister Albrant Hundekot ein, den er noch warm auf die Hufe bindet. Dieser soll – ähnlich einer Zugsalbe – den Eiter aus dem Körper ziehen.
Auffällig an der Darstellung des Hundes bei Konrad von Megenberg ist die fehlende Differenzierung von Arten und Funktionen des Hundes. Im Frühmittelalter kennt man Hunde als Jagdbegleiter für Adelige und als Wachhunde, wobei letztere im Laufe des Hochmittelalters zunehmend negativ wahrgenommen wurden. Ab dem Hochmittelalter gibt es vermehrt Hinweise auf Schoßhunde, die letztlich aus den Jagdhunden hervorgegangen sind. Sie sind vorerst hauptsächlich das Attribut adeliger Frauen.
Abbildungen: Schoßhunde im Codex Manesse: Cpg 848, fol. 98r und 76v
Ab dem Spätmittelalter bzw. der Renaissance lassen sich auch Männer vermehrt mit Schoßhunden abbilden. In Gottfrieds von Straßburg Tristan begegnet uns der wohl berühmteste Schoßhund des Mittelalters: Petitcrü. Herzog Gilan soll diesen unbeschreiblich schönen Hund von einer Göttin aus dem Feenreich Avalon geschenkt bekommen haben. Als Tristan von Liebeskummer verzehrt bei ihm sitzt und aufseufzt, lässt Gilan ihm den Hund zur Aufheiterung bringen. Das kleine Hündchen wird auf eine Purpurdecke vor Tristan gesetzt. Petitcrü trägt eine goldene Kette um den Hals, an der ein Glöckchen hängt, das so lieblich und klar erklingt, dass niemand in seiner Nähe Trauer oder Sorgen verspürt.

Neben dem Schoßhund Petitcrü zeigt sich Tristan bei Gottfried von Straßburg aber auch im Umgang mit Jagdhunden geübt: So wird beschrieben, dass er nach einer Jagd auf die ausgelegten Felle der Tiere klein geschnittene Stücke von Milz, Lunge, Pansen und Gedärmen legt und die Hunde ruft, um dieses Fleisch zu fressen. Den Umstehenden erklärt er, dass dies ein nützlicher Jagdbrauch sei, um die Hunde scharf zu machen, da ihnen das blutige Fleisch gut schmecke.

„…das si die aller schönsten stet unraynent und benetzent schon gewant“
Neben vielen positiven Aspekten erwähnt Konrad von Megenberg in seiner Darstellung des Hundes auch dessen Neigung zur Verunreinigung der schönsten Orte, da Hunde ihre Notdurft überall erledigen würden. Besonders erwähnt der Megenberger Schuhe aus Hundefell, die gegen Gicht helfen sollten, von lebenden Hunden jedoch sofort benetzt würden, wenn diese das Hundefell riechen. Tatsächlich sind viele Textstellen zu Hunden in der Dichtung negativ konnotiert:
In Heinrich Wittenwilers Ring wird der Hund im Streit zwischen Nagenfleck und Schnatterine als negatives Beispiel einer vernunft- und ehrlosen Kreatur erwähnt, von der sich der Mensch positiv abhebe. Ein älterer Mann, der den Lappenhausern in ihrem Krieg als Ritter dienen möchte, wird von ihnen mit den Worten: „Sim, was schol uns der schebig hund?“ (Ei, was sollen wir mit dem räudigen Hund?) abgelehnt und nachhause geschickt.
In Ulrichs von Liechtenstein Frauenbuch diskutieren ein Ritter und eine Dame über den Verfall der Sünden, wobei die Frau verschiedene Typen von Männern aufzählt, vor denen sich eine Dame hüten solle. Unter anderem erwähnt sie jene Männer, die jagdsüchtig seien und daher nur auf der Jagd und bei ihren Hunden glücklich sein könnten. Solchen Männern rät die Dame: „so sol man in sine stunde / mit hunden lan vertriben.“ (Man soll ihn sich seine Zeit mit den Hunden vertreiben lassen).

Die Ambivalenz in der Wahrnehmung des Hundes geht unter Umständen auf verschiedene Bibelstellen, die insbesondere im Alten Testament zu finden sind, zurück. Dort wird der Hund nämlich überwiegend negativ dargestellt. Der Begriff „Hundegeld“ bezeichnet den Lohn männlicher Prostituierter, der nicht im Tempel geopfert werden dürfe (Dtn. 23,19). Im Psalm 22 werden Hunde als „Rotte von Bösen“ erwähnt, die den Betenden und um Schutz Flehenden umlagern. Im 2. Buch Mose wird verboten, Fleisch zu essen, das von auf dem Feld gerissenen Tieren stammt. Dieses – als unrein wahrgenommene Fleisch – solle stattdessen den Hunden vorgeworfen werden (Ex. 22,30). Im Neuen Testament vergleicht Petrus Menschen, die den wahren Glauben angenommen haben und danach wieder zu ihrem alten Aberglauben zurückkehren, mit Hunden, die zu ihrem eigenen Erbrochenen zurückkommen (2. Petr. 2,22). Positiver sieht der Prophet Jesaja den Hund: Ein Frevel im Gottesdienst sei so schlimm, wie einem Hund das Genick zu brechen, berichtet er. (Jes. 66,3). Der Kirchenvater Augustinus wendet sich in seiner Bibelauslegung ebenfalls gegen die zu negative Sicht auf den Hund: In den Bibelstellen sei nicht der reale Hund gemeint, dieser sei nämlich ein nützliches Tier. Isidor von Sevilla, der spätantike Enzyklopädist, der die Bibel und die antiken Schriftquellen auswertet, zeichnet letztlich ein überwiegend positives Bild des Hundes.
Fest steht in jedem Fall: Hunde sind das ganze Mittelalter hindurch in unterschiedlichen Funktionen präsent. Eine Abfrage der Mittelhochdeutschen Begriffsdatenbank zeigt die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten deutlich: Vom hûshunt (Haushund) über den jagehunt (Jagdhund), ruorhunt (Hatzhund), schâfhunt (Schafshund), spürhunt oder suochhunt bis hin zum vogelhunt (für die Falkenjagd) finden wir vielfältige Einsatzgebiete, die zeigen, dass Hunde – damals wie heute – als Jagdbegleiter, Wächter oder freundliche Schmusetiere die besten Freunde des Menschen sind.
Autor: Wolfgang Holanik unter Mitwirkung von Emilian Marchl, Samuel Schweiger, Jan Fessl, Hannah Leitner (Schüler*innen des BG/BRG Knittelfeld)
Quellenverzeichnis
Handschriften
- Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Fragment Germ. 13 (16)
Primärliteratur
- Eis, Gerhard: Meister Albrants Roßarzneibuch. Verzeichnis der Handschriften. Text der ältesten Fassung. Konstanz: Terra 1960.
- Gessner, Conrad: Thierbuoch. Zürich: Froschouwer 1583.
- Gottfried von Straßburg: Tristan. Bd. 1&2. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hrsg., ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Stuttgart: Reclam 2013.
- Holanik, Wolfgang; Schwinghammer, Ylva: Lernerorientierte Teiledition und Übersetzung des ‚Admonter Bartholomäus‘ auf Basis der dynamischen Lesefassung von Anna Tesch. Unter Mitwirkung von Lisa Glänzer, Stefan Hofbauer, Philipp Pfeifer, Laura Halb, Johanna Damberger und Sabrina Bamberger sowie den Schüler/innen des BG/BRG Knittelfeld. Graz 2018. URL: https://gams.uni-graz.at/o:lima.4 [22.01.2019].
- Hugo von Trimberg: Der Renner. Hrsg. von Gustav Ehrismann. Bd. I-IV. Tübingen: Litt. Verein 1908-1912. (=Bibliothek des litterarischen Vereins Stuttgart.)
- Konrad von Megenberg: Das Buch der Natur. Die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache. Hrsg. von Franz Pfeiffer. Stuttgart: Aue 1861.
- Der Stricker: Erzählungen, Fabeln, Reden. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hrsg., übers. und kommentiert von Otfrid Ehrismann. Stuttgart: Reclam 2004. (=RUB. 18290.)
- Wittenwiler, Heinrich: Der Ring. Frühneuhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Edmund Wießner ins Neuhochdeutsche übersetzt u. hrsg. von Horst Brunner. Stuttgart: Reclam 2003. (=RUB. 8749.)
Sekundärliteratur
- Die Brockhaus Enzyklopädie online, s.v. Hunde. URL: https://brockhaus.at/ecs/permalink/60828AD2713CFC0A32F9287530B3AA84.pdf [22.01.2019].
- Schnickmann, Heiko: Hund. In: Tiere in der Literatur des Mittelalters. Ein interdisziplinäres Lexikon. Hrsg. von der animaliter-Projektgruppe unter der Leitung von Sabine Obermaier. URL: https://www.animaliter.uni-mainz.de/hund/ [22.01.2019].
Ein Gedanke zu “Hunde im Mittelalter: Der beste Freund des Menschen in Dichtung und Gebrauchsschrifttum”