Was verraten mittelalterliche Quellen über Senf und seinen Einsatz in der Heilkunde?

1.) Senf wurden in der Humoralpathologie die Primärqualitäten warm und trocken zugesprochen. Demnach sollte er erhitzend und trocknend wirken und die Kraft haben, Körpersäfte zu verdünnen oder aufzulösen.

2.) Sowohl Kraut als auch Saat der Senfpflanze fanden in zahlreichen Arzneimitteln Verwendung.

3.) Senf galt nicht nur in der Küche sondern auch im Schlafzimmer als Scharfmacher: Es sollte die Libido steigern und die männliche Samenproduktion anregen.

4.) Um Eiterknoten zum Aufbrechen zu bringen, wurde Senfkraut mit Wein und Schmalz zerstoßen und anschließend auf die betroffenen Stellen gelegt.

5.) Stillende Mütter und Ammen sollten weißes Senfkraut essen, da man glaubte, dass es die Milchproduktion anregen würde.

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6.) Um Lähmungen der Zunge zu lösen, sollte man Senfkörner kauen und anschließend unter der Zunge festhalten. Gegen Lähmungen an anderen Körperstellen empfahl sich das Auflegen eines Säckchens mit Senfkörnern, das zuvor in Wein abgekocht wurde.

7.) Senfkörner wurden mit Fenchelwurzel abgekocht und anschließend mit Honig versetzt. Diese Arznei verabreichte man bei Krankheiten der Milz und Leber sowie bei Wassersucht.

8.) Um das Hirn zu reinigen, sollte man sich Senfpulver unter die Nase halten, um Niesanfälle zu provozieren, die den Schleim aus dem Körper beförderten.

9.) Gegen Zahnschmerzen und Würmer in den Zähnen wurden Umschläge aus Senfkörnern empfohlen, die in Essig zerstoßen wurden. Senf und Salbei wurde in Honig gekocht getrunken, um Würmer im Magen abzutöten.

10.) Warzen wurden zunächst mit einem Strohhalm ausgebrannt und anschließend mit einem Umschlag aus wilder Kresse und Senf behandelt.

Verfasserin: Ylva Schwinghammer
Fotos: Ylva Schwinghammer

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Mittelalterliche Senfrezepte zum Nachmachen findet ihr auf unserem Partnerblog: https://nahrhaftesmittelalter.com/2020/04/24/wie-man-gueten-senyff-machen-schol-vier-senfrezepte-aus-dem-15-jahrhundert/

Quellen:
Ehlert, Trude: Maister Hannsen des von wirtenberg koch. Transkription, Übersetzung, Glossar und kulturhistorischer Kommentar. Frankfurt/Main: Tupperware 1996.
Eis, Gerhard: Gottfrieds Pelzbuch. Studien zur Reichweite und Dauer der Wirkung des mittelhochdeutschen Fachschriftums. Brünn; München; Wien: Rohrer 1944. (=Südosteuropäische Arbeiten. 38.)
Feyl, Anita: Das Kochbuch Meister Eberhards. Ein Beitrag zur altdeutschen Fachliteratur. Freiburg/Bg. Univ.: Diss. 1963.
Goehl, Konrad: Das Circa Instans. Die erste große Drogenkunde des Abendlandes. Baden-Baden 2015.
Konrad von Megenberg. Das Buch der Natur. Die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache. Hrsg. von Franz Pfeiffer. Stuttgart: Aue 1861.
Riha, Ortrun: Hildegard von Bingen: Heilsame Schöpfung – Die natürliche Wirkkraft der Dinge. Rüdesheim/Eibingen 2016.
Das Buch der Natur von Conrad von Megenberg. Die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache. In Neu-Hochdeutscher Sprache bearbeitet und mit Anmerkungen versehen von Hugo Schulz. Greifswald: Abel 1897.
Tesch, Anna: Der „Admonter Bartholomäus“ (Cod. 329): Teiledition mit elektronischer Basistransliteration und ‚dynamisch’ abgeleiteter Lesefassung. Graz, Dipl.-Arb. 2007.
Zotter, Hans: Das Buch vom gesunden Leben. Die Gesundheitstabellen des Ibn Butlan in der illustrierten deutschen Übertragung des Michael Herr. Nach der bei Hans Schott erschienenen Ausgabe Straßburg 1533. Mit 32 getreuen Farbwiedergaben aus dem Tacuinum sanitatis Codex Vindobonensis 2396. Graz: ADEVA 1988.

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